von Tine in Trainingsgedanken am 14. April 2016
Für den Blog von Easy Dogs, einer Plattform, die lesenswerte Artikel und Buchrezensionen für Tierhalter- und trainer aller Tierarten veröffentlicht, durfte ich über ein Thema schreiben, welches mir ganz besonders am Herzen liegt:

Selbstbestimmtes Lernen im Pferdetraining durch positive Verstärkung


Wie aus der Forschung bekannt ist, ist Selbstbestimmung ein Grundbedürfnis für alle Lebewesen und damit auch ein sehr mächtiger Verstärker. Die Wahl zu haben und Entscheidungen treffen zu dürfen, trägt viel zur seelischen Ausgeglichenheit und damit auch der körperlichen Gesundheit bei. Außerdem fördert es die innere Motivation, was Einfluss auf den Spaß an der Arbeit und vor allem die Beziehung hat.

Als Selbstbestimmung wird bezeichnet, in welchem Ausmaß das eigene Verhalten eine Auswirkung auf die Umgebung hat. Das beginnt bereits bei der Tagesgestaltung, der Nahrungsaufnahme, der Wahl zwischen Ruhezeit, Sozialkontakt und Bewegung und auch, in welchem Rahmen es dem Pferd ermöglicht wird, an der Gestaltung des Trainings mitzuwirken.

Im konventionellen Pferdetraining gibt es eine klare Entscheidungshierarchie. Die Entscheidungsfreiheit der Pferde kommt in diesem System leider oft zu kurz. Der Mensch bestimmt, teilweise auf die Minute genau, über den Tagesablauf des Pferdes, die Futterart und -menge, die Sozialkontakte, bis hin zu den detailliertesten Bewegungsabläufen im Training. Diesen Ansatz möchten wir natürlich beim Training mit positiver Verstärkung vermeiden. Die Pferde sollen aus freien Stücken und mit Freude an der Arbeit mit uns interagieren. Dabei geht es nicht darum, sämtliche Entscheidungen dem Pferd zu überlassen, sondern darum, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten auf die Bedürfnisse des Pferdes einzugehen. Durch die konsequente Arbeit mit Futter als Verstärker ist dies auch in vielen Fällen scheinbar leicht zu erreichen – und doch gibt es einige Stolperfallen, die auf den ersten Blick gar nicht so offensichtlich erscheinen.

Auch wenn das auf den ersten Blick so scheinen mag, gibt es auch beim Training mit positiver Verstärkung viele Möglichkeiten, das Tier in seiner Wahlfreiheit einzuschränken. Das beginnt schon mit dem Übungsaufbau, den wir im Normalfall so gestalten, dass das Tier das (von uns) gewünschte Verhalten fehlerfrei zeigen kann. Doch was, wenn nicht? In der Regel wird der Trainer sein Können und Wissen dafür einsetzen, dem Pferd das Verhalten so verlockend wie möglich zu machen. Dabei geht es in erster Linie darum, die Bedürfnisse (Ziele) des Trainers zu befriedigen, und erst an zweiter Stelle um die Bedürfnisse des Pferdes. Sollte man ein Trainingsziel um jeden Preis verfolgen?

Die folgenden vier Konzepte bieten dem Pferd die Möglichkeit mit dem Menschen zu kommunizieren und machen das Training für beide Seiten sicherer, da viele Stress- und Übersprungshandlungen somit verhindert werden können. Übersprungshandlungen sind Verhaltensweisen, die auf den ersten Blick vollkommen zusammenhangslos erscheinen, wie zum Beispiel der plötzliche Drang sich zu kratzen oder zu putzen, die aber bei genauerem Hinsehen dazu dienen, eine Konfliktsituation zu unterbrechen und zu entschärfen.
  • Das Standardverhalten (Basis/Rückfall-Verhalten)
  • Das Initiatorsignal bzw. Kooperationssignal (*)
  • Das Zustandssignal
  • Das Alternativverhalten
Jede selbstbestimmte Entscheidung, die das Pferd im Umgang mit uns treffen kann, führt langfristig zu seelischer Gesundheit, Motivation im Training, und einer tiefen Bindung zu "seinem" Menschen.


Ich freue mich über eure Gedanken zu dem Thema. Mit welchen Signalen kommunizieren eure Pferde mit euch? Bei der Krümeline sind es auf jeden Fall Kopfsenken und Handtarget (also, ohne dass ich ihr das Signal dazu gebe - auf Signal kann sie es natürlich auch).

Eure Tine



(*) Bina Lunzer
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Über mich

Mensch und Pferdekopf
Ich heiße Christine Dosdall, genannt Tine, geboren 1986 und lebe mit meinen Tieren in Berlin. Wenn ich nicht gerade hinter dicken Büchern verschwunden bin, findet ihr mich im Stall bei meinen Pferden Krümel und Alkmene oder zusammen mit meiner Katze Mucki auf der Couch.

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