von Tine in Pferdeausbildung am 24. April 2017
Lange war es hier recht still, aber ich war dennoch fleißig am werkeln - woran genau, das verrate ich wenn es so weit ist. Mit dem beginnenden Frühling, den wärmeren Sonnentagen und den wieder aufflammenden Frühlingsgefühlen kommt dabei auch ein Thema wieder hoch, über das ich schon lange einmal schreiben wollte.

Die Krümeline und das Spazierengehen...

Als ich die Krümeline vor 7 Jahren, ungefähr um diese Jahreszeit, kennenlernte, hatte sie noch nicht besonders viel Erfahrung mit Spaziergängen. Ihre damaligen Besitzer haben sie ein paarmal mit den anderen beiden Pferden mit raus auf kleine Runden genommen, aber von wirklicher Halfterführigkeit und ähnlichen Dingen war sie schon noch ein Stück entfernt. Dennoch haben wir direkt beim ersten Kennenlernen gemeinsam einen Spaziergang gemacht - die damalige Besitzerin, die Krümeline und ich. Den Strick zur Sicherheit durch den Halfterring gezogen damit er sich nicht aus Versehen löst, übers Feld, durch ein Wäldchen, den Weg durch die Siedlung und zurück. Ich glaub die Hälfte der Strecke hatte ich sie einfach mit der Hand am Halfter, da es so für uns beide am einfachsten war. Bremsen war nicht möglich und mit den langen Beinen mitzuhalten eine Herausforderung.




Bis auf gelegentliche Spaziergänge in Begleitung von einer oder beiden Stuten ihrer Miniherde haben wir im Verlauf des Sommers eher kurze Strecken vom Paddock zu den verschiedenen Weidestücken zurückgelegt.


Irgendwann hatten wir auch mal ein - zugegebenermaßen nicht besonders gut sitzendes - Knotenhalfter, ich habe mit dem Clickern begonnen, Ausflüge ins NHS unternommen, wir sind immer mal wieder rausgegangen, aber stressfrei war es nie.




Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich beim Kauf im November ziemliche Angst davor hatte, dass die Wege nicht befahrbar sind und ich mit ihr bis zur Straße - in Sichtweite - laufen müsste. So weit ist es zum Glück nicht gekommen und der Umzug verlief vollkommen problemlos.

Am neuen Stall haben wir uns dann recht schnell anderen Einstellern für kleine Spaziergänge, übers Feld bis in den angrenzenden Wald, angeschlossen. Diese endeten regelmäßig mit Stresswälzen oder Buckeln spätestens auf dem Rückweg, sodass ich das Ganze nur sporadisch weiter verfolgte. Bereits Führtraining auf dem Reitplatz direkt angrenzend an den Paddock und minimale Runden rund um den Paddock waren aufregend genug.


Allerdings kam dann das Anweiden - zu dem wir nur über die Straße mussten - und der gemeinse Umzug auf die Sommerweide. Dieser fand traditionell mit allen Pferden des Stalles gemeinsam statt, was besonders für die Jungpferde, die sich kaum dem langsamen Tempo der Rentner anpassen konnten, großer Stress war. Die Krümeline haben wir die zweite Hälfte der Strecke gemeinsam geführt, links und rechts am Kappzaum eingehakt und mit purer Kraft gegengehalten.




Kaum dass dieser Weg überstanden war, hieß es wenige Wochen später wieder zurück. Diesmal nur zu zweit, da die Krümeline gemeinsam mit einem weiteren Pferd in den Offenstall umziehen sollte. Diesen Weg haben wir mit viiiielen Apfelstücken und Dauerfütterung irgendwie überstanden, auch wenn sie kurz vor Schluss fast in einem Stromzaun gelandet wäre. Schon zu dieser Zeig begann es sich herauszukristallisieren, dass sich nähernde Pferde hinter Zäunen ein wesentlich größeres Problem darstellen als Straßenverkehr, Hunde hinter Zäunen etc. Außerdem fiel ihr damals schon das Laufen auf Sand körperlich sehr schwer, sodass ein für mich machbares Tempo kaum möglich war. Aus festem Boden ging das wesentlich leichter.


Im Herbst des Jahres stand dann ein weiterer und vorerst letzter Umzug an. Wir zogen zu einer guten Freundin in den Stall, der mit einer Halle bessere Arbeitsmöglichkeiten und vor allem ihre Untertsützung bot. Dort angekommen landeten wir zunächst auf der Sommerweide, um eine Woche später mit allen Pferden - aber diesmal in einzelnen Kleingruppen - durch den Ort zum Stall und auf den Winterpaddock umzusiedeln. Ich weiß nicht, wie viele Kreise sie um mich gedreht hat, weil ich schlichtweg immer zu langsam war und sie irgendwann nur noch rumziehen konnte. Aber es waren unfassbar viele. Zeitgleich fand an diesem Wochenende auch unser erster Clickerkurs statt, bei dem ich die Krümeline dankenswerter Weise einfach der Trainerin in die Hand drücken konnte. Die kurzen Wege zwischen Paddock und Halle wären sonst wohl in einer Katastrophe geendet. In der Halle konnte sie sich am ersten Tag auch überhaupt nicht entspannen, am zweiten Tag konnten wir auf einem kleinen Paddock aber dann richtig schönes Führ- und Mattentaining machen.


Den Winter von 2011 auf 2012 hatten wir dann auch erstmal Zeit, ganz in Ruhe im neuen Stall anzukommen und allgemein am Führen und Longieren zu arbeiten. Doch natürlich stand dann im Frühjahr wieder der Weg zur Weide an und es wurde Zeit zum Üben. Zum Stall gehörten drei verschiedene Weiden mit unterschiedlich herausfordernden Wegen. Der eine führte über Eisenbahnschienen und eine Kanalbrücke ans eine Ende des Dorfes, der andere führte an den Eisenbahnschienen entlang quer über einen Golfplatz und der dritte zurück ans andere Ende des Ortes zu der Weide, auf der wir im Jahr davor angekommen waren. Um selbst ein kleines bisschen entspannter bleiben zu können fand das Training in Vollmontur statt - mit Sicherheitsweste und -schuhen, Handschuhen, Gerte, Ersatzstrick und -halfter im Rucksack und mit vielen Äpfeln.


Da in diesem Stall die Pferde einzeln oder in kleinen Gruppen auf die Weide gebracht wurden, haben wir dann schließlich all unseren Mut zusammengenommen und die knapp 850m zur Weide ganz alleine zurückgelegt. Der restliche Sommer war relativ ruhig, die Hufbearbeitung fand auf der Weide statt, wir waren nur sehr selten in Begleitung am Stall, die weiteren Weidewechsel fanden ebenfalls mit Begleitung statt. Im Spätsommer kamen sie dann auf die dritte und letzte Weide, von der aus wir weitere Übungsspaziergänge starteten. Diese war so günstig gelegen, dass man in beide Richtungen ein ganzes Stück auf der Straße an der Weide entlanglaufen konnte und auch eine sehr kleine Spazierrunde um eine weitere Wiese war später möglich.

Als es im Herbst dann Zeit wurde, wieder zurück auf den Hof zu ziehen, fand dieser Weg - wieder alleine - sehr entspannt statt. Den Winter haben wir mit dem weiteren Ausbau unserer Spaziergänge verbracht - immer mit Pferdebegleitung und uns so bis zum Frühjahr 2013 Spaziergänge mit ca. 2,5km Strecke erarbeitet. Der Teil quer über die Felder war dabei schon ziemlicher Stress, im Ort selber auf der Straße wurde die Krümeline aber zunehmend entspannter. Hunde hinter Gartenzäunen, Fahrräder, Autos, Traktoren und Feuerwehrwagen waren irgendwann kaum noch ein Problem. Der größte Spaziergang war knapp 4 Kilometer lang und fand in Begleitung einer ihrer besten Pferdefreundinnen, Hund und insgesamt 4 Menschen statt. Stressig wurde er auf dem Heimweg, als wir durchs Kornblumenfeld samt Bremsen musste und sie am liebsten geflüchtet wäre. Zu dieser Zeit hätte ich also auch ohne schlechtes Gewissen gesagt, dass unser Training langsam Früchte trägt.






In diesem Jahr war sie nur für wenige Tage auf der Sommerweide, da sie als Gesellschaft für ihre Stutenfreundin mit am Stall in der Diätgruppe blieb. Wir nutzten die Zeit am Stall für das Anreiten und einen sehr schönen Longenkurs, bis Anfang August die Diagnose Hufrehe alles Training unterbrach. Die nächsten 6 Wochen verbrachte sie in einer Paddockbox bis wir, Ende September, den Stall verließen und erneut umzogen. Am neuen Stall kam sie in die Diät- und Rehegruppe auf einen ca. 0,5ha großen Sandpaddock. Nachdem nach weiteren zwei Wochen die Pulsation zum größten Teil abgeklungen war, begannen wir direkt, das wunderschöne neue (Stall-)Gelände auf kleinen Spaziergängen zu erkunden. Alleine waren wir dabei einen knappen Kilometer auf Sandwegen unterwegs und mit Sulkys, die uns unterwegs begegneten. In der Gruppe sogar knapp 2 Kilometer - die so genannte "Rennbahnrunde" - dieser Ausflug war allerdings absolut nicht stressfrei.


Einige wenige Meter davon sind wir im Dezember 2013 sogar mit dem nagelneu gepolsterten Sattel geritten. Und dann musste ich über mehrere Monate ins Krankenhaus...


Als ich im April 2014 endlich wieder in den Stall durfte, war von unserer schwer erarbeiteten Sicherheit nicht mehr viel übrig. Ich startete recht bald wieder mit kleineren Spaziergängen, die allerdings recht bald mit Losreißen endeten. Dabei kamen verschiedene Faktoren zusammen - wir hatten uns eine ganze Weile nicht gesehen, ich konnte den linken Arm nur sehr eingeschränkt benutzen, die rationierte Heufütterung machte jegliche Fortbewegung in der Nähe von Gras ziemlich schwierig und außerdem lernten wir die Gruselhecken kennen. Auf dem ganzen Gelände sind nämlich, um den Wind zu brechen, große Baumhecken. Im Winter kann man sehr gut durch die Äste blicken, aber sobald die Blätter wachsen machen diese Hecken bei Wind einen ziemlichen Lärm, den viele Pferde recht gruselig finden. Außerdem begannen die Traber das Frühjahrstraining, was bedeutet, dass einem tagsüber jederzeit Sulkys mit Renntempo begegnen können. Die großen Weiden, auf denen sich jederzeit Pferdegruppen im Galopp nähern konnten, taten ihr übriges dazu. Im Sommer gingen wir immer noch in Begleitung bis zum Reitplatz, bis es im Herbst so eskalierte, dass ich das komplette Training auf den sicheren Paddock verlegen musste.







Im folgenden Winter nutzten wir die Tatsache, dass es mehrere Tore zum Paddock gab, für kleine Rituale. Zunächst holte ich sie nur zum Füttern heraus, um sie anschließend durch das nahegelegenste Tor wieder zurückzubringen. Später konnten wir diese Runden auf knappe 150m um die Sichtschutzhecke herum ausweiten. Zum Frühjahr 2015 wurden die Runden wieder größer, sodass wir alleine knapp 500m schafften oder die einen Kilometer lange Runde in Begleitung. Im Sommer haben wir uns hauptsächlich den Weg zum Reitplatz in Begleitung der Stute einer guten Freundin erarbeitet, da diese beiden zu der Zeit dort noch sehr unsicher waren, aber wir an einem Kurs im Herbst teilnehmen wollten. Das funktionierte auch soweit gut, dass die beiden dort teilweise 1-2 Stunden friedlich gemeinsam Grasen konnten.






Auch an die Rennbahnrunde haben die Krümeline und ich uns wieder herangetastet. Leider gibt es dort ab einem gewissen Punkt keine Möglichkeit mehr, umzudrehen, und nachdem sie einmal fast einen Kilometer wieder zurück galoppiert ist - so mussten wir die Strecke quasi fast doppelt laufen - habe ich diesen Plan beiseite gelegt. Ende September 2015 zieht sie von der Rehegruppe in die Nachbarherde, in der sie bis heute steht. Durch die große Fläche (1-7ha) wurden verpflichtende Spaziergänge zur Bewegung erstmal unnötig und wir haben den folgenden Winter ziemlich ruhig verbracht. Im Frühjahr 2016 gab es nochmal vereinzelte Spaziergänge, bis ich durch einen Krankheitsrückfall selbst zu schwach wurde, die anstrengenden Sandwege zu laufen. Ab dem Sommer hatte auch die Krümeline mit diversen & diffusen Lahmheiten zu kämpfen, sodass es um uns eher ruhig wurde.


Inzwischen kenne ich die Krümeline ziemlich genau 7 Jahre und wir sind gefühlt weiter von entspannten Spaziergängen entfernt als je zuvor. Das bedeutet, dass wir gerade so die Strecke zum Reitplatz schaffen, bevor sie zu gestresst ist. Der Rückweg findet meistens mit Halftergriff und Dauerfütterung (und gelegentlichen Steig- und Buckeleinlagen) statt. Die Hecken sind in den letzten Jahren noch größer - und gefühlt gruseliger - geworden. Gesundheitlich bedingt, können sowohl die Krümeline als auch ich an manchen Tagen nichtmal zuverlässig mehrere Zirkel am Stück laufen. Daran ändern auch sehr regelmäßige Osteopathie-Behandlungen bei uns beiden nichts. Dennoch geben wir nicht auf und sind am 11. März dieses Jahres eine kleine 800m-Runde in netter Gesellschaft gelaufen. Für das Training trenne ich einen Arbeitsbereich auf der Weide ab und wir machen halt das, was wir können.


Ich weiß nicht, was uns dieses Jahr bringt und wieviel Nerven ich dafür habe, das Thema zum hundertsten Mal anzugehen. Das Gute ist - wir müssen nicht raus. Niemand zwingt uns. Mit ein bisschen Kreativität und Management ist so gut wie alles möglich und wenn der Weg zum Reitplatz da eben nicht dazu gehört, stört das ja niemanden. Wir haben alle Zeit der Welt und wenn wir den Paddockbereich nicht verlassen wollen, macht das auch nix. Man legt dort nämlich ganz schön viel Strecke beim Wechsel zwischen Grasen und Heu und Unterstand und Putzplatz und Futterschüssel und Fliegenmasken suchen zurück.

In diesem Sinne: Alles kann, nichts muss. Wir wünschen euch einen schönen Frühling!
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Über mich

Mensch und Pferdekopf
Ich heiße Christine Dosdall, genannt Tine, geboren 1986 und lebe mit meinen Tieren in Berlin. Wenn ich nicht gerade hinter dicken Büchern verschwunden bin, findet ihr mich im Stall bei meinen Pferden Krümel und Alkmene oder zusammen mit meiner Katze Mucki auf der Couch.

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