von Tine in Pferdeausbildung am 15. Februar 2018
Heute möchte ich euch etwas über ein Thema erzählen, welches meinen Weg mit der Krümeline geprägt hat wie kein anderes - die Hufbearbeitung.

Bevor ich die Krümeline 2010 kennenlernte, hatte ich von der Hufbearbeitung als solches mehr oder weniger keine Ahnung. Natürlich konnte ich Hufe auskratzen, kannte Pferde mit Eisen und ohne Eisen und wusste, aus Büchern, wie Eisen an die Pferdehufe kommen. Ob ich dabei jemals zugesehen hatte kann ich mich heute gar nicht mehr erinnern.

Die knapp vierjährige Krümeline hingegen hatte zum Theme Hufe anfassen zu der Zeit schon eine ziemlich eindeutige Meinung und die hieß - nicht mit mir. Vielleicht waren die erste Hufbearbeitung und eine darauffolgende Beinverletzung nach der langen Mangelhaltung die Ursache, vielleicht auch einfach Balanceprobleme, wie sie doch viele Pferde haben.

Beim ersten Kennenlerntermin durfte ich glaube ich vorsichtig mit dem Ende vom Hufkratzer die Vorderhufe außen abbürsten oder sowas in der Art. Zu dieser Zeit besuchte ich sie dann ungefähr einmal die Woche und wir begannen mit dem Clickertraining, beziehungsweise der Verwendung von Click und Möhren.



Während das Berühren der Vorderbeine bald kein riesiges Problem mehr war, war ihre Reaktion auf Berührungen an der Hinterhand meistens die eine, ein erschrockener Tritt zur Seite. Dementsprechend tastete ich mich dort in winzigsten Schritten vor.

Um ihr eine Idee davon zu vermitteln, dass sie die Beine anheben kann, ohne zu treten, haben wir bereits in diesem ersten Sommer mit einem Beintarget begonnen - einer Gerte, die ich ans Röhrbein angelegt und für jede Idee des Beins nach oben geclickt habe. Aus dem anfänglichen Austreten wurde so ein hektische Hochreißen und nach und nach ein Stand, an dem ich mich trauen konnte den Hinterhuf zu berühren.

Nach ungefähr drei Monaten konnte der Hufbearbeiter dann die Vorderhufe etwas bearbeiten und die Hinterhufe einmal anheben, während ich vorne stand und eine Möhre nach der anderen gefüttert habe. Auch ich konnte nun alle Hufe auskratzen, wenn auch sehr vorsichtig und immer auf dem Sprung.





Ende 2010 durfte ich sie dann übernehmen und in meine Nähe holen. Da wir im neuen Stall zu Beginn nicht viel miteinander machen konnten, habe ich viele Abende bei ihr in der Box oder tagsüber auf dem Paddock in der Herde verbracht und das eigenständige Beine heben sowie das Hufe auskratzen geclickt.

Somit begann für mich die Hufbearbeitersuche. Der erste Termin endete in einem ziemlichen Fiasko, sie zerriss in ihrer Angst den Anbindestrick und ließ sich anschließend auch mit vielen Keksen und gutem Zureden nicht mehr anfassen. Der Hufbearbeiter nahm es zum Glück entspannt und beim nächsten Termin konnte er die Vorderhufe bearbeiten und die Hinterhufe auskratzen, solange ich diejenige war, die sie aufhielt. Noch einen Termin später konnte er sie selber kurz bearbeiten.

Damit hätten wir vermutlich vernünftig weiter machen können, wenn dann nicht der erste - von einigen in diesem Jahr folgenden Ortswechseln - angestanden hätte. Freistehend auf Sandboden war die Bearbeitung dann nämlich wieder eine ziemliche Katastrophe und ging nur mit vielen Pausen und noch viel mehr Geduld.

Ende 2011 wechselten wir dann komplett den Stall und damit ging auch die Hufbearbeitersuche erneut los. Trotz eines ausführlichen Telefonkontaktes im Vorfeld, bei dem ich alle wichtigen Punkte abklärte - kein extra Aufhalter, sehr viel Ruhe und Geduld etc. - musste ich diesen Termin nach dem ersten halb bearbeiteten Vorderhuf abbrechen. Die Krümeline wurde von den zwei auftauchenden Männern vollkommen überrumpelt und ging nach dem ersten Schockmoment direkt zum Angriff über.

So wurde ich ziemlich ungeplant zum Selbstbearbeiter, da sie ja nun auch nicht mit dem schiefen Huf herumlaufen konnte, lieh mir eine Raspel und legte los. Die Hufe sahen zu dieser Zeit wirklich schrecklich aus und es hätte sehr nahe gelegen zu sagen "Da muss sie jetzt irgendwie durch, notfalls mit Sedierung und Gewalt.", aber die Panik in ihren Augen an diesem Tag hat mich glücklicherweise davon abgehalten.



In den nächsten Monaten haben wir uns da also so mehr schlecht als recht durch gekämpft und es wurde zur Gewohnheit bei jedem Putzen zumindest irgendwie kurz Hufraspel oder Hufmesser mit dazu zu nehmen. Und dann lernten wir Solveig kennen. Über ein Internetforum entstand der Konakt und sie nahm die weite Anfahrt auf sich, um uns zu helfen.

Die ersten Termine fanden auf der Weide statt, wo wir zwischen den einzelnen Hufen Kaffee trinken gefahren sind, manchmal überhaupt nur einen oder zwei Hufe pro Termin machten usw. Die Krümeline konnte während der Bearbeitung immer noch sehr schlecht stehen, was sich meistens durch Hufe wegziehen oder nach vorne rempeln äußerte.



Über die Zeit wurden wir ein eingespieltes Team, Solveig blieb uns während der Hufrehe 2013, dem darauffolgenden Stallwechsel und meiner langen Krankenhauszeit treu und so schafften wir etwas, dass zu Beginn undenkbar war - das Hufe geben wurde für die Krümeline so selbstverständlich, dass inzwischen das Aufnehmen der Vorderhufe oft die erste Berürhung ist, die sie von Fremden zulässt.

2015 und 2016 waren dann die Jahre der immer wiederkehrenden Lahmheiten, trotz regelmäßiger osteopathischer Behandlung. Also ließ ich im Sommer 2017 die Voderhufe erneut röntgen und in diesem Rahmen übergab auch Solveig die Hufbearbeitung an Frieda, die bereits seit einer Weile auch die Hufe meines Minishettys Da Vinci bearbeitete. Da allen Leuten in ihrem Umfeld das Wohl der Krümeline wirklich am Herzen liegt und an erster Stelle steht, arbeiten auch alle Hand in Hand. Ohne so viel Unterstützung wären wir längst nicht so weit, wie wir heute sind.

Über die Erkenntnisse vom Röntgen habe ich letztes Jahr bereits einen Artikel geschrieben: Und das Pferd hat immer Recht

Parallel dazu habe ich in all den Jahren immer wieder das Hufe bearbeiten geübt. Im Winter war es oft das Einzige, was wir überhaupt gemacht haben, da sie meistens nicht gerne laufen konnte oder wollte. Ich bin nicht besonders gut darin, sonst könnte ich die Hufe vermutlich längst alleine bearbeiten. Dennoch hilft ihr die Routine sehr. Im aktuellen Stall konnten wir die Hufe lange nur in der Box bearbeiten, da sie dort am entspanntesten ist.





In letzter Zeit hat sich die Krümeline die Vorderhufe auch immer öfter von unseren kleinen Stallmädels (7 und 4 Jahre alt) auskratzen lassen, was immer besser funktioniert. Auch bei der Hufbearbeitung selbst wird sie immer entspannter, selbst wenn ihr viele Dinge dennoch schwer fallen. An manchen Tagen kann sie die Hufe nicht auf den Hufbock setzen, manchmal braucht sie viele Pausen oder kann die Hufe nur ein kleines Stück über den Boden heben.

Diese Woche haben wir dann, angeregt über eine Frage zum Clickertraining bei der Hufbearbeitung, mal den aktuellen Stand gefilmt. Ich bin sehr stolz auf das, was wir geschafft haben. Der Weg in den letzten Jahren war wirklich nicht einfach, günstig oder tränenfrei. Aber er hat sich gelohnt. Wie immer möchte ich euch also ermutigen dran zu bleiben, nicht zu verweifeln und euch und euren Pferden Zeit zu lassen.


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Über mich

Mensch und Pferdekopf
Ich heiße Christine Dosdall, genannt Tine, geboren 1986 und lebe mit meinen Tieren in Berlin. Wenn ich nicht gerade hinter dicken Büchern verschwunden bin, findet ihr mich im Stall bei meinen Pferden Krümel und Alkmene oder zusammen mit meiner Katze Mucki auf der Couch.

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